Wie Reviews Migrationsprojekte effizienter machen

Um Migrationsprojekte sicher ans Ziel zu bringen, muss rechtzeitig auf mögliche Fehlentwicklungen reagiert werden. Dies gelingt beispielsweise über punktuell eingesetzte Projekt-Reviews. Worauf es dabei ankommt und wie man am besten vorgeht?

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Fachartikel, Migration, Versicherungswirtschaft

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Analyse der Ausgangslage ist die Basis eines Projekt Review

Nicht selten geraten auch gut durchdachte und geplante Großprojekte in Situationen, die eine laufende Neubewertung erfordern. Die bekanntesten Beispiele sind BER-Flughafen, Stuttgart 21 oder die Elbphilharmonie. Diese mussten zu einem fortgeschrittenen Zeitpunkt ihrer Realisierung feststellen, dass sie erheblich vom Plan abweichen.

Auch in der Versicherungswirtschaft besteht v.a. bei langjährigen Migrationsprojekten die Gefahr, vom Plan abzuweichen. So kann es vorkommen, dass sich der aktuarielle Test schwieriger als gedacht gestaltet oder die IT-Landschaft die erwartete Stabilität verfehlt, was folgenschwer auf den Fortschritt anderer Teilprojekte abfärbt und das Projekt in die Länge zieht. Die Stolpersteine eines Migrationsprojekts sind vielfältig und durch unterschiedliche Einflüsse bedingt, die man vor Beginn eines solchen Projekts nie zu 100% vorhersehen kann. Aus Sicht der Projektleitung empfiehlt es sich in solchen Situationen, die gesamte Projektplanung schonungslos auf den Prüfstand zu stellen: mit einem sogenannten Review.

Was ist ein Projekt-Review?

Ein Review stellt ein weiteres Werkzeug für das Qualitätsmanagement dar und dient den Projektverantwortlichen als Hilfestellung in der strategischen Kalibrierung des Projektgeschehens. Das Primärziel dieser Analyse besteht darin, die Showstopper zu identifizieren, die den Projektfortschritt von der ursprünglichen Planung abweichen lassen. Die Aufgabe der Prüfer liegt in der Suche und Analyse der Abweichungen zwischen den am Markt anerkannten Standards und dem IST-Projektzustand.

Leider klingt ein Projektreview in der Theorie deutlich leichter als es in der Praxis oftmals ist: Man verliert sich in Details und Diskussionen – das Ziel gerät aus dem Blick. Deshalb ist es von großer Bedeutung den Fokus der Prüfungstätigkeiten auf die Architektur und die Methodik des Migrationsprozesses zu legen. Im Mittelpunkt des Gutachtens soll das fachliche und strukturelle Projektgeschehen und nicht die Verfasser der Konzepte oder die Projektverantwortlichen stehen. Es geht nicht um die Schuldzuweisung, sondern um eine schonungslose Überprüfung des Projektablaufs. Wie also im Review vorgehen?

 Phasen eines Reviews

Als möglichen Prüfungsansatz empfiehlt sich ein Soll-Ist-Vergleich mit einer Vorstudie o.ä. Dabei soll allen Beteiligten klar sein, dass es nicht um den Verfasser dieser Vorstudie geht, sondern allein um den Projektfortschritt. Um evtl. Interessenskonflikten innerhalb des Projekts zuvorzukommen, empfiehlt es sich, diese Begutachtung zu outsourcen.

 Das Review lässt sich in 5 Phasen aufteilen: 

  • Planung
  • Einführung
  • Vorbereitung
  • Ergebnispräsentation
  • Nachbereitung

Folgende Kerntätigkeiten werden den o.g. Phasen zugeordnet:

Ablauf eines Projekt Reviews
5 Schritte eines Reviews

Welche Bereiche des Projektes sollten beleuchtet werden?

Ein Migrationsprojekt eines LV-Bestandes ist sehr facettenreich und setzt sich mit Fragestellungen aus Bereichen, wie

  • IT,
  • Projektmanagement,
  • aktuariellem Test,
  • Randsysteme uvm.

auseinander. Daher kann ein Review beliebig komplex gestaltet werden. Das Review-Team braucht eine konkrete Vorstellung des Auftraggebers, welche Projektbereiche sie begutachten sollen. Wenn man die aktuariellen Themen als Kern der Analyse definiert, dann sollten neben den aktuariellen Themen auch IT- und Projektmanagement-Fragestellungen betrachtet werden. Diese Themenbereiche sind in einem Migrationsprojekt eng miteinander verzahnt. Somit bietet diese Themenkombination eine Gelegenheit an, weitere Erkenntnisse in das Gutachten einfließen zu lassen. Zu den Themenbereichen, die jede Projektleitung mit besonderem Interesse verfolgt, gehören neben IT-Themen, wie Testplattformverfügbarkeit und -stabilität auch Management-Themen, wie Trancheneinteilung, Testplanung und -durchführung, Mitarbeiterplanung, Terminplanung uvm. Bei den aktuariellen Themen kann man z.B. beim methodischen Testvorgehen (einzelvertraglicher Test, Migrationscontrolling etc.) einen Deep Dive erlauben.

Welche Strategien können aus dem Gutachten abgeleitet werden?

Das Ergebnis dieser Studie wird in Form einer Präsentation mit anschließendem Colloquium vorgestellt. Dabei stehen das unmittelbare Resultat und die abgeleiteten Strategien im Vordergrund dieser Besprechung, die z.B. zur Zeitgewinnung, Kosteneinsparung, effiziente Arbeitsweise formuliert werden. Ausgehend von der ursprünglichen Zielsetzung der Projektverantwortlichen werden je nach Strategieansatz konkrete Empfehlungen ausgesprochen. Stellen Sie sich diese als Puzzle-Teile vor, die zum Gesamtbild des Projekts beitragen und dadurch neue Anreize setzen.

Um den angestrebten Erfolg der Empfehlungen quantifizieren zu können, kann dieses Gutachten z.B. zu einem Scoring-System zurückgreifen. Eine Empfehlung kann beispielsweise als Ziel eine Einsparung der Personalkosten haben oder zu Verkürzung der Projektlaufzeit führen. Soll eine Lücke aufgedeckt werden, kann auch für diese Aufwand abgeschätzt werden.

Schlussendlich soll die Summe aller Empfehlungsmaßnahmen einen greifbaren Wert widerspiegeln.

Chancen und Herausforderungen eines Reviews

Letzten Endes liegt das Ziel des Reviews in der Analyse des Ist-Zustandes. Der Auftraggeber erhofft sich dadurch, wichtige Erkenntnisse sammeln zu können, die in die Projektsteuerung einfließen sollen. Um das gewährleisten zu können, muss das Analysten-Team ein hohes Maß an Kompetenz und Erfahrung in den jeweiligen Gebieten aufweisen. Die Erfahrung zahlreicher Migrationsprojekte gepaart mit unvoreingenommenem Blick auf die Gegebenheiten des Projekts bilden eine solide und vielversprechende Grundlage für die Erstellung eines validen Gutachtens.

Neben den positiven Effekten dieser Analyse sollte der Auftraggeber sich auch über die Herausforderungen bewusst sein. In der Kürze der Zeit und auf Grund der begrenzten Mittel, wie z.B. Zeit und Ressourcenverfügbarkeit, könnte es dazu kommen, dass einige wichtige Themen nur in einem verkürzten Rahmen behandelt werden. Aus diesem Grund stellt die Mitarbeit des Projektteams ein wichtiges Puzzle-Teilchen dar, das für die erfolgreiche Analyse von essenzieller Bedeutung ist. Dem Projektmanagement muss bewusst werden, dass die alleinige Beauftragung eines externen Teams keine Sicherheit für einen erfolgreichen Abschluss bringt.

Fazit

Ein Review des laufenden Migrationsprozesses ist ein genauso wichtiges wie auch ein unterschätztes Instrument des Projektmanagements. Ein Soll-Ist-Vergleich aus der Sicht eines erfahrenen Teams bringt zusätzliche Anreize und neue Optimierungspotentiale für die Fortentwicklung einer Migration.

Sie haben Fragen oder wollen mehr zum Thema Migrationsprojekte erfahren? Kontaktieren Sie uns gerne.

Autor

Evgeni Waldmann Management Consultant

Evgeni Waldmann verfügt über mehrjährige Erfahrung im Bereich der aktuariellen Beratung, für die er auch bei der Convista tätig ist. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich der Einführung neuer Bestandsverwaltungssysteme.

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