GPT-3 und Chat GPT in der Versicherung: Was Sie über den KI-Chatbot wissen sollten
Seit Anfang Dezember sorgt das Sprachmodell GPT-3 bzw. Chat GPT erneut für Aufsehen. Wir haben Chat GPT intensiv getestet und wollen zu entscheidenden Fragen aufklären: Was ist GPT-3? Was ist Chat GPT? Welche Möglichkeiten gibt es beim Einsatz von Chat GPT in der Versicherungsbranche? Und welche Herausforderungen bestehen beim Einsatz von Chat GPT bei der Verarbeitung von Versicherungssprache?

Was ist GPT-3?
GPT-3 ist ein neuronales Netzwerkmodell für maschinelles Lernen und natürliche Sprachverarbeitung, das von der Firma OpenAI entwickelt wurde. Es ist eines der leistungsfähigsten Modelle in diesem Bereich und hat sich in verschiedenen Anwendungen wie maschinelles Schreiben, Übersetzung und Dialogsystemen bewährt. GPT-3 ist in der Lage, menschenähnliche Texte zu generieren und kann auch für andere Aufgaben wie Frage-Antwort-Systeme, Dokumentenklassifizierung und Summarisierung verwendet werden.
Was ist Chat GPT?
Chat GPT ist eine Anwendung, die auf dem GPT-3-Modell von OpenAI basiert und ein Chatbot-System darstellt. Es wurde entwickelt, um menschenähnliche Dialoge zu führen und kann für verschiedene Anwendungen wie Kundenunterstützung, Marketing und Unterhaltung verwendet werden. Chat GPT nutzt das GPT-3-Modell, um die Eingaben des Benutzers zu analysieren und darauf basierende Antworten zu generieren.
Welche Möglichkeiten gibt es beim Einsatz von Chat GPT in der Versicherungsbranche?
Es gibt viele Möglichkeiten, wie Chat GPT oder andere Chatbots in der Versicherungsbranche eingesetzt werden können. Einige Beispiele für den Einsatz von Chatbots in der Versicherungsbranche sind:
- Vertragsmanagement: Chatbots könnten verwendet werden, um Kunden bei der Verwaltung ihrer Versicherungsverträge zu unterstützen, zum Beispiel bei der Anfrage von Informationen über den Vertragsinhalt oder bei der Bearbeitung von Änderungen am Vertrag.
- Schadensmanagement: Chatbots könnten verwendet werden, um Schadensmeldungen von Kunden entgegenzunehmen und zu verarbeiten, zum Beispiel indem sie Kunden bei der Einreichung von Schadensmeldungen unterstützen oder automatisiert Schadensmeldungen an den zuständigen Ansprechpartner weiterleiten.
- Kundenberatung: Chatbots könnten verwendet werden, um Kunden bei der Suche nach der richtigen Versicherung zu unterstützen, zum Beispiel indem sie Informationen über verschiedene Versicherungsprodukte bereitstellen oder Kunden bei der Wahl der richtigen Versicherung beraten.
- Kundenbetreuung: Chatbots könnten verwendet werden, um Kundenanfragen zu bearbeiten und zu beantworten, zum Beispiel indem sie Kunden bei der Suche nach Informationen unterstützen oder indem sie automatisch Antworten auf häufig gestellte Fragen generieren.
Welche Herausforderungen bestehen beim Einsatz von Chat GPT bei der Verarbeitung von Versicherungssprache?
Beim Einsatz von Chat GPT bei der Verarbeitung von Versicherungssprache gibt es einige Herausforderungen, die es zu beachten gilt. Dazu gehören:
- Fachsprache: Die Versicherungsbranche hat ihre eigene Fachsprache, die für Menschen außerhalb der Branche möglicherweise schwer verständlich ist. Chat GPT muss in der Lage sein, diese Fachsprache zu verstehen und zu verarbeiten, um korrekte Ergebnisse liefern zu können.
- Rechtsprechung: Die Versicherungsbranche ist durch zahlreiche Gesetze und Vorschriften reguliert, die sich auf die Sprache und den Inhalt von Dokumenten auswirken. Chat GPT muss in der Lage sein, diese Regelungen zu verstehen und zu berücksichtigen, um korrekte Ergebnisse liefern zu können.
- UnterschiedlicheDokumententypen: In der Versicherungsbranche gibt es verschiedene Dokumententypen wie Anträge, Policen und Schadensmeldungen, die unterschiedliche Informationen enthalten und unterschiedlich aufgebaut sind. Chat GPT muss in der Lage sein, diese Unterschiede zu verstehen und zu berücksichtigen, um korrekte Ergebnisse liefern zu können.
- Unvollständige oder inkonsistente Daten: In der Versicherungsbranche können manchmal unvollständige oder inkonsistente Daten vorkommen, die das Verständnis von Dokumenten erschweren. Chat GPT muss in der Lage sein, mit solchen Unvollständigkeiten und Inkonsistenzen umzugehen und trotzdem korrekte Ergebnisse liefern zu können.
Chat GPT im Test
Glauben Sie uns, wenn wir sagen, dass Chat GPT alle Antworten zu den oben aufgeführten Fragen maschinell erstellt hat? Beweisen Sie uns das Gegenteil 🙂
Tatsächlich ist das so. Wir haben dem Modell lediglich die Fragen gestellt und eben jene Antworten bzw. Teile der Antworten erhalten. Klingt erstmal beeindruckend – oder?

Aber, wie gut ist Chat GPT wirklich und was kann aus den Entwicklungen tatsächlich in der Versicherungsbranche Anwendung finden?
Wir haben mit einigen Eingaben und Fragen den Chatbot getestet. Neben den oben aufgeführten Fragen und Antworten, konnte uns das Modell auf Zuruf Kurzgeschichten und Artikel über Zufallsthemen formulieren. Das Erstaunliche: Für die Generierung ist Kontextwissen erforderlich, mit dem das Modell offensichtlich ausgestattet ist. Wo die Antworten auf der einen Seite überraschen, können sie auf der anderen Seite ebenso verwirren. Die Wahrheit der maschinell generierten Antworten können nur durch explizites Wissen zu einem Thema überprüft werden. Quellen oder Daten, mit denen sich die Antworten erklären lassen, werden nicht genannt. Zusätzlich konnten wir feststellen, dass bei der gleichen Frage nicht immer die gleiche Antwort generiert wurde. Die Antworten lagen zwar inhaltlich nah beieinander, wichen jedoch teilweise in ihrer Formulierung und den Argumenten voneinander ab.
Chat GPT und die Versicherungssprache
Versicherungsspezifisches Training
Ein Sprachmodell ist nur so gut wie die Daten, mit denen das Modell trainiert wurde. Man kann sich diesen Prozess so vorstellen, wie wenn ein kleines Kind sprechen lernt. Je älter ein Kind wird, desto mehr Wörter lernt es. Hierbei kommt es auch auf das Umfeld des Kindes an. Wächst ein Kind in einem Haushalt zweier Juristen auf und hat überwiegend Kontakt mit weiteren Juristen, wird es im Gegensatz zu anderen Kindern sicherlich einige juristische Fachbegriffe kennen.
Bezogen auf ein Sprachmodell bedeutet dies: Je spezifischer der Datensatz, mit dem ein Modell trainiert worden ist, desto bessere Ergebnisse können in einem spezifischen Bereich erwartet werden. Was heißt das nun für die Versicherungsbranche bzw. Versicherungssprache? Wie in jeder Branche gibt es auch in der Versicherungsbranche einige Wörter, die Versicherungsexperten kennen müssen. Versucht ein Nicht-Versicherungsexperte eine Allgemeine Versicherungsbedingung zu verstehen, kann er schonmal an seine Grenzen stoßen.
Soll also ein Sprachmodell entsprechendes Versicherungsvokabular wie z.B. Höchstentschädigungsgrenze, Zillmerung oder Karenzzeit verstehen können, muss dieses mit entsprechenden Texten trainiert werden. Da es hier neben den versicherungsspezifischen auch spartenspezifische Begriffe gibt, kann ein zusätzliches spartenspezifisches Finetuning sinnvoll sein. Das Sprachmodell allein ist jedoch nicht für einen erfolgreichen Einsatz verantwortlich.
Modellanpassungen notwendig
Chat GPT ist auf einem allgemeinen Dokumentenkorpus trainiert und kann seine Antworten nur auf sein antrainiertes Wissen beziehen. Hierbei ist die Betrachtung auf individuelle Dokumente oder Sachverhalte nicht ohne Modellanpassungen möglich. Um für die Versicherungsbranche relevante Use Cases umsetzen zu können, ist aus unserer Sicht ein Finetuning nicht nur eine Möglichkeit, sondern eine zwingende Bedingung. Möchte man beispielsweise Versicherungstexte automatisiert analysieren und/oder vergleichen, muss man neben einem auf Versicherungssprache trainierten Modell eine gesamte Prozessstrecke mit OCR und Datenvorverarbeitung aufbauen. Bei Versicherungstexten ist die Kontextualisierung in vielen Fällen entscheidend. Hierzu ist es wichtig, heterogene Textformatierungen verarbeitbar zu machen: Es müssen u.a. Textabschnitte mit Überschriften in den Kontext gesetzt oder Aufzählungen aufgelöst werden.
Fazit
Abschließend ist zu sagen, dass Chat GPT in der Versicherungsbranche nicht ohne Weiteres nutzbar ist. Es bestehen zahlreiche technische, juristische und ethische Herausforderungen, die individuell zu bewerten sind. Der Einsatz von Sprachmodellen an sich ist durchaus sinnvoll und in unterschiedlichen Use Cases zielführend. Die Einsatzmöglichkeiten von Natural Language Processing beleuchten wir gerne gemeinsam. Kommen Sie gerne auf uns zu.
Autoren
Lukas Pulß – Management Consultant
Als erfahrener IT-Berater und Versicherungsexperte zeichnet sich Lukas Expertise vor allem durch sein umfassendes Fach- und Branchenwissen sowie seine Erfahrung im gesamten Lebenszyklus von IT-Projekten aus. Als Product Owner bildet er die fachliche Klammer über die KI-Themen im Geschäftsbereich Versicherungen.

Maximilian Lorenz – Data Scientist
Bereits während seines Mathematikstudiums an der Universität Würzburg beschäftigte sich Maximilian Lorenz mit neuronalen Netzen und dem Einsatz von Algorithmen des Machine Learning. Als Data Scientist betreut er KI-Projekte bei internationalen Kunden aus dem Versicherungsumfeld.