Automatisierte Leistungsbearbeitung in der Restschuldversicherung

Der Automatisierungsgrad der Leistungsbearbeitung in der Restschuld-Versicherung ist im Vergleich zu anderen Sparten bereits heute hoch. Grund dafür: Wichtige Massenprozesse wie die Bearbeitung von Folgeattesten AU (Verlängerung einer bereits nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit) und Folgenachweisen AL (Verlängerung einer bereit nachgewiesenen Arbeitslosigkeit) benötigen nur vergleichsweise wenige Eingangsparameter, die leicht maschinell aus diesbezüglich eingehenden Dokumenten extrahiert werden können. Dennoch ist die zugehörige Prozesslogik komplex: Insbesondere aufgrund zahlreicher fachlicher Sonderkonstellationen. Mit dem Bestandsführungssystem ReSy lässt sich diese Komplexität aber beherrschen und somit die Dunkelverarbeitungsquote noch weiter steigern.

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Fachartikel, ReSy, Versicherungswirtschaft

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Zwei Männer brainstormen über Optimierungsmöglichkeiten der Prozesse der gesamten Wertschöpfungskette der Versicherung

Zielbild für die dunkle Leistungsbearbeitung

Restschuld-Versicherer streben danach, die manuelle Leistungsbearbeitung auf diejenigen Prozesse/Prozessschritte zu reduzieren, deren Bearbeitung einen „erfahrenen“ menschlichen Leitungssachbearbeiter erfordert. Weniger komplexe Prozessschritte, die – um im Bild zu bleiben – auch „unerfahrene“ Leistungssachbearbeiter bearbeiten können bzw. dürfen, sollen automatisiert von Dunkelprozessen abgearbeitet werden. Diese Dunkelprozesse sollen dabei regelbasiert all das tun, was ein menschlicher Sachbearbeiter im konkreten Fall auch tun würde. Dies schließt die zuverlässige Erkennung und Aussteuerung komplexerer Fälle für eine Bearbeitung durch einen menschlichen Sachbearbeiter ein. Analog würde auch ein unerfahrener Sachbearbeiter komplexere Fälle an einen erfahreneren Kollegen abgeben.

Zweitprüfung vs. vollständig manuelle Bearbeitung

Im Fall einer solchen Aussteuerung soll üblicherweise keinerlei, d.h. auch keine teilweise, maschinelle Verarbeitung von Leistungen durch den Dunkelprozess erfolgen. Ein etwas anderer, ebenfalls in solchen Situationen erwägenswerter Ansatz ist die Aussteuerung des Dunkelprozesses in eine Zweitprüfung durch einen menschlichen Zweitprüfer, der die Aktionen des Dunkelprozesses entweder bestätigen und damit in Kraft setzen oder ablehnen und vollständig verwerfen kann.

Input-Management als Schlüssel zur Automatisierung

Viele Details der in Dunkelprozessen abzubildenden Prozessschritte variieren gerade in der Leistungsbearbeitung für die Sparte Restschuld stark von Versicherer zu Versicherer. Gleiches gilt bezüglich der Einschätzung dahingehend, welche der Prozessschritte in welchem Kontext einen erfahrenen Leistungssachbearbeiter erfordern und welche nicht. Ausgangspunkt für eine dunkle Leistungsbearbeitung ist aber fast immer ein eingehendes Dokument, das das Postkorbsystem / Input-Management als maschinell verarbeitbar klassifiziert und somit den Aufruf eines geeigneten Dunkelprozesses auslöst. Die vom jeweiligen Dunkelprozess benötigten Daten bzw. Aufrufparameter muss dabei die Posteingangsverarbeitung entweder maschinell oder auch manuell aus dem eingehenden Dokument extrahieren.

Kundenspezifische Dunkelprozesse in ReSy

ReSy-Kunden empfehlen wir ein Vorgehen, bei dem sie ihre Dunkelprozesse in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess fortlaufend um weitere Prozessschritte erweitern, die zuvor Sachbearbeiter noch manuell in ReSy bearbeiteten. Voraussetzung hierfür ist eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit sehr individuelle und flexibel erweiterbare Dunkelprozesse zu implementieren. ReSy unterstützt dies dadurch, dass es grundsätzlich sämtliche in ReSy verfügbaren Standard-Workflows und Geschäftsvorfälle inklusive deren kundenspezifischen Customizings auch für eine Orchestrierung (Nutzung) in kundenspezifischen Dunkelprozessen zur Verfügung stellt. Diese Dunkelprozesse können sich somit nach Belieben aus dem reichhaltigen ReSy-Fundus an Restschuld-Funktionen bedienen und profitieren dabei auch von bereits erfolgten kundenspezifischen Konfigurationen für die manuelle Leistungsbearbeitung. Beispiele für solche kundenspezifischen Konfigurationen sind Buchungsregeln für Leistungsbuchungen im Nebenbuch, die Anbindung des Zahlungsverkehrs und die Versorgung von kundenspezifischen Umsystemen wie einem DWH Leistung mit zugehörigen Bewegungsdatensätzen.

Die Rolle des Briefschreibungssystems

Für die Realisierung von Dunkelprozessen ist eine prozessintegrierte Anbindung eines Briefschreibungssystems besonders wichtig, da zugehörige Briefe und Dokumente natürlich auch dunkel erstellt und versendet werden sollen. Wie ReSy eine solche prozessintegrierte Anbindung von Briefschreibungssystemen unterstützt, ist im Blog-Beitrag „Wenn Bestandsführung und Briefschreibung Hand in Hand gehen“ beschrieben.

Weiterentwicklung, Wartung und Pflege

Die Implementierung von kundenspezifischen Dunkelprozessen kann mit ReSy auch problemlos durch Entwickler des jeweiligen ReSy-Kunden erfolgen. Ebenso ist es möglich, dass diese Entwickler nach Abschluss des ReSy-Einführungsprojekts die Weiterentwicklung, Wartung und Pflege von im Rahmen dieses Einführungsprojekts nicht durch sie selbst entwickelten kundenspezifischen Dunkelprozessen übernehmen.

in diesen Schritten erfolgt die automatisierte Leistungsbearbeitung mit dem Bestandssystem ReSy der Convista

Ein Beispiel: Dunkelverarbeitung von Folgeattesten AU (Arbeitsunfähigkeit)

In Restschuld-Verträgen mit AU-Deckung übernimmt die Restschuld-Versicherung für den Fall einer Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person nach Ablauf einer tariflich vereinbarten Karenzzeit die vereinbarten Raten zur Tilgung des abgesicherten Kredits. Die Leistungspflichtigkeit besteht in diesem Fall bis die Arbeitsunfähigkeit endet, es sei denn zuvor wird eine tariflich vereinbarte maximale Leistungsdauer oder das Ende der Vertragslaufzeit erreicht. Voraussetzung für die Leistung ist der lückenlose Nachweis der Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person durch Einreichung von ärztlichen Attesten.

Der Dunkelprozess „Folgeattest AU“ dient der maschinellen Verarbeitung von eingehenden Folgeattesten zu AU-Leistungsfällen, für die aufgrund einer vorausgegangenen Einreichung eines Erstattests bereits die Leistungspflichtigkeit festgestellt und bestätigt worden ist. In der Regel ist daher auch bereits eine zugehörige laufende Leistungszahlung zum AU-Leistungsfall angelegt und frei gegeben worden.

Im Rahmen der Posteingangsverarbeitung werden die für die Folgeattest-Verarbeitung relevanten Daten wie

  • Vertragsnummer
  • Name, Vorname und Geburtsdatum der arbeitsunfähigen Person
  • Beginndatum der Arbeitsunfähigkeit
  • Arbeitsunfähigkeit bis (gültiges Datum oder „auf weiteres“)
  • Attest ausgestellt am
  • Attest formal korrekt ja/nein (z.B. ohne Unterschrift/Stempel des Arztes)
  •   …

maschinell aus dem Folgeattest ausgelesen und dem Dunkelprozess „Folgeattest AU“ als Aufrufparameter übergeben. Im Normalfall ist es dann dessen Aufgabe, eine bereits existierende laufende Leistungszahlung durch Aufruf des ReSy-Geschäftsvorfalls „Verlängerung Leistungszahlung“ regelbasiert, auf Basis der so empfangenen Daten, um einen definierten Zeitraum zu verlängern.

Bei einer Arbeitsunfähigkeit „bis auf weiteres“ oder bis zu einem weit in der Zukunft liegenden Datum kann dieser Zeitraum auch von der Ursache der Arbeitsunfähigkeit abhängen, z.B. von der Art der Erkrankung laut einem bei Leistungsanlage oder -annahme erfassten ICD-10 Code. Die Auszahlungen der so zusätzlich frei gegebenen Raten erfolgen nachgelagert maschinell bei Erreichung der jeweiligen Fälligkeitstermine. Der Dunkelprozess soll dabei einen Abrechnungsbrief versenden, der dem Kunden die freigegebenen zukünftigen Ratenauszahlungen mit ihren jeweiligen Fälligkeitsterminen bestätigt bzw. ankündigt – also genau das, was ein Sachbearbeiter in diesem Fall tun würde.

Bei fachlichen Fehlern (z.B. zum genannten Vertrag existiert keine AU-Leistung) oder in komplex gelagerten Fällen, die eine Bearbeitung durch einen „erfahrenen“ menschlichen Sachbearbeiter erfordern (z.B. die versicherte Person hat bereits Leistungen aus einem AL-Leistungsfall zum gleichen Vertrag erhalten, die aufgrund überlappender Leistungszeiträume zurück gefordert oder mit der AU-Leistung verrechnet werden müssen) soll der Dunkelprozess „Folgeattest AU“ das Attest zur manuellen Verarbeitung aussteuern, d.h. einen Postkorbeintrag mit diesem Attest für die manuelle Verarbeitung erzeugen.

Der Teufel steckt im Detail

Klingt einfach? Im Prinzip ja, der Teufel steckt aber wie immer im Detail. Es sind nämlich zahlreiche fachliche Ausnahmefälle zu berücksichtigen. Der Dunkelprozess Folgeattest AU muss diese entweder vollständig korrekt verarbeiten können oder diese Ausnahmefälle zuverlässig erkennen und aussteuern. Nachfolgend einige typische Beispiele:

  • der zugehörige Vertrag wurde wegen Nicht-Zahlung eines Folgebeitrags gemahnt und wird daher möglicherweise zeitnah maschinell gekündigt
  • es liegt ein Zahlungsrückläufer zu einer vorausgegangen Ratenauszahlung vor, sodass eine erneute Auszahlung von Raten auf das gleiche Bankkonto nicht sinnvoll ist
  • zum aktuellen Leistungsfall wurde bereits ein AU-Ende aufgrund einer zuvor eingereichten Gesundmeldung erfasst, die mit dem aktuellen Folgeattest unvereinbar ist
  • die arbeitsunfähige Person aus dem Attest ist im angegebenen Vertrag gar nicht versichert (evtl. Versuch eines Betrugs mit einem fremden Attest)
  • es existiert ein Regressanspruch gegen den Kunden, der mit dem aktuellen Leistungsanspruch aus dem AU-Leistungsfall verrechnet werden soll
  • es handelt sich um einen verbundenen Vertrag mit einer zweiten versicherten Person, die bereits Leistungen aus einer zeitlich überlappenden Arbeitsunfähigkeit erhalten hat
  • es liegt eine dauerhafte Berufsunfähigkeit / Erwerbsunfähigkeit vor, aufgrund derer die Arbeitsunfähigkeit nicht mehr versicherbar ist
  • das Datum „Arbeitsunfähigkeit bis“ des Folgeattests liegt (wie die des Erstattests) in der tariflich vereinbarten Karenzzeit, sodass nur ein (weiterer) Zwischenbescheid Karenz per Brief versandt werden kann
  • es existiert eine Dread Disease-Leistung oder eine Todesfall-Leistung zum angegebenen Vertrag
  • die Verlängerung der Leistungszahlung führt zu einer Erreichung des Leistungsendes wegen Erreichung der maximalen Leistungsdauer oder des Vertragsablaufs. Dieser Umstand soll dem Kunden mitgeteilt werden, damit er nicht unnötigerweise weitere Folgeatteste einreicht. Die Leistung soll daraufhin mit einem passenden Erledigungsgrund erledigt werden.

Die fachliche Spezifikation und der spätere fachliche Test des Dunkelprozesses ist aufgrund der Länge der obigen Liste und aufgrund der Vielzahl an weiteren, möglicherweise relevanten Ausnahmesituationen doch eine gewisse Herausforderung.

Berücksichtigung weiterer Verträge / Leistungsfälle AU

Sofern die versicherte Person weitere bereits angenommene und noch aktive AU-Leistungsfälle zu weiteren Restschuld-Verträgen besitzt, soll der Dunkelprozess „Folgeattest AU“ üblicherweise auch Leistungszahlungen aus diesen AU-Leistungsfällen auf analoge Art und Weise regelbasiert verlängern. Sofern hierbei fachliche Fehler auftreten oder auszusteuernde Ausnahmesituationen erkannt werden, gilt üblicherweise der Grundsatz, dass der Dunkelprozess gar keine, d.h. auch keine teilweise, maschinelle Verarbeitung von AU-Leistungen vornehmen soll, siehe Diagramm „Alles-oder-Nichts-Prinzip“:

Alternativ vorstellbar ist auch die gezielte Austeuerung einer einzelnen zu verarbeitenden AU-Leistung, sofern der fachliche Fehler oder die erkannte Ausnahmesituation in der Verarbeitung dieser AU-Leistung keine Auswirkungen auf die Verarbeitung der parallelen AU-Leistungsfälle hat.

Weitere Beispiele

Weitere Beispiele für die Automatisierung der Leistungsbearbeitung Restschuld sind Dunkelprozesse zur Verarbeitung von

  • Folgenachweisen AL (Arbeitslosigkeit)
  • Erstattesten AU (Arbeitsunfähigkeit)
  • Erstnachweisen AL (Arbeitslosigkeit)
  • Leistungsmeldungen Tod

Viele der am Beispiel des Dunkelprozesses „Folgeattest AU“ aufgezeigten Herausforderungen betreffen analog auch die obigen Dunkelprozesse, wobei die dunkle Verarbeitung von Erstattesten AU und Erstnachweisen AL rein von der Fachlichkeit her noch deutlich komplexer ist als die dunkle Verarbeitung von Folgeattesten AU und Folgenachweisen AL. Entsprechende Implementierungen bei ReSy Bestandskunden haben aber gezeigt, dass auch die Komplexität dieser Dunkelprozesse mit ReSy erfolgreich handhabbar ist.

Sie haben Fragen zum Thema Leistungsbearbeitung oder wollen mehr zum Bestandssystem ReSy erfahren? Kontaktieren Sie uns gerne.

Autoren

Christoph Scholz
Business Consultant
Christoph Scholz ist als Business Consultant tätig und verfügt über mehrjährige Projekterfahrung in der Versicherungsbranche. Er berät Versicherungsunternehmen hinsichtlich der Bestandsverwaltung im Sachversicherungsbereich und hat Schwerpunkte im Bereich Kfz und Restschuld.
Dr. Claus Ziegler
Senior Management Consultant

Dr. Claus Ziegler ist verantwortlich für die versicherungsfachliche Funktionalität des Bestandsführungssystems ReSy der Convista. Mit seinen über 30 Jahren Berufserfahrung detailliert und konsolidiert er die fachlichen Anforderungen der ReSy-Bestandskunden und berät das ReSy-Entwicklungsteam beim technischen Design von zugehörigen Lösungen.

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