SAP ABAP – Einführung und Überblick

SAP ABAP ist die proprietäre Programmiersprache, mit der fast alle klassischen und modernen Erweiterungen im SAP-Universum realisiert werden. Sie stellt die technische Grundlage für Funktionserweiterungen, Schnittstellen, kundeneigene Anwendungen und Integrationen vom klassischen SAP R/3 bis zur SAP Business Technology Platform (BTP) dar. In über vier Jahrzehnten wurde die Sprache stetig weiterentwickelt: von einer reinen Report- und Auswertungssprache hin zu einer vollwertigen, objektorientierten und cloudfähigen Entwicklungsumgebung samt modernen DevOps- und API-Paradigmen.

Definition: Was ist SAP ABAP?

SAP ABAP (Advanced Business Application Programming) ist die proprietäre, prozedural- und objektorientierungsfähige Programmiersprache der SAP SE, die speziell für die Entwicklung von Geschäftslogik innerhalb der SAP-Systemlandschaft konzipiert wurde. Sie bildet das technische Fundament zur Anpassung, Erweiterung und Integration sämtlicher ERP-Kernprozesse – von klassischen Dialogtransaktionen über Massenverarbeitungen bis hin zu modernen cloudbasierten REST-Services. Durch ihre tiefe Verankerung im SAP-Application-Server verbindet sie Datenbankzugriff, Laufzeitumgebung und Repository in einer einzigen Entwicklungsplattform und gewährleistet so Konsistenz sowie Upgrade-Stabilität. Dabei deckt die Sprache das gesamte Spektrum der Softwareentwicklung ab, von Listenreports und Formularen bis zu serviceorientierten Architekturen auf der SAP Business Technology Platform.

Herkunft und Entwicklung

SAP ABAP entstand 1983 innerhalb der SAP SE, um kundenspezifische Listenberichte im damaligen Mainframe-System R/2 zu erstellen. Der ursprüngliche Name „Allgemeiner Berichtsaufbereitungs-Prozessor“ verweist noch auf diesen Zweck. Mit der Einführung des client-server-basierten SAP R/3 1992 entwickelte sich SAP ABAP jedoch zu einer universellen Programmiersprache für Geschäftslogik, Benutzeroberflächen, Datenbankzugriffe und Systemerweiterungen.

1999 folgte der Meilenstein ABAP Objects, der klassische prozedurale Syntax durch eine vollwertige objektorientierte Erweiterung ergänzte. 2004 brachte SAP NetWeaver eine einheitliche Laufzeitumgebung, 2012 startete SAP HANA mit In-Memory-Technologie und brachte neue Optimierungen ins ABAP-SQL. Core Data Services (CDS) erweiterten das Datenmodell um semantische Schichten, und mit dem RESTful ABAP Programming Model (RAP) entstand ab 2020 ein Framework zur automatischen Generierung transaktionaler OData-Services und Fiori-UIs. Die neueste Evolutionsstufe heißt ABAP Cloud bzw. Embedded Steampunk, welche dieselbe Sprache in Public-, Private- und On-Premise-Szenarien konsistent nutzbar macht.

Einsatzbereiche

Das sind einige der wichtigsten Einsatzbereiche für SAP ABAP:

  • Klassische Dialoganwendungen: Dynpro-Transaktionen und modulare Funktionsbausteine decken Kernprozesse wie Finanzbuchhaltung, Materialwirtschaft oder Personalwesen ab.
  • Berichte und Analysen: Listenreports, ALV-Grids und interaktive Auswertungen werden direkt im ERP-System ausgeführt.
  • Hintergrundverarbeitung: Periodische Jobs importieren oder exportieren Massendaten, konsolidieren Belege oder erzeugen Steuerformulare.
  • Formulare und Outputmanagement: SAPscript, Smart Forms, Adobe Forms und das neue Output-Management nutzen SAP ABAP zur Datenvorverarbeitung.
  • Web- und Mobile-UIs: Web Dynpro, Floorplan Manager, OData-Services und Fiori-Elements basieren auf ABAP-Back-Ends.
  • Side-by-Side-Extensions: Auf der SAP BTP können ABAP-Cloud-Apps außerhalb des Kernsystems als Microservices ausgeführt werden.
  • Integrationen: BAPIs, IDocs, SOAP, REST und Event Mesh verbinden ABAP-Komponenten mit Dritt-Systemen.

Grundlagen der ABAP Programmierung

Die Grundlagen der ABAP Programmierung umfassen jene Sprachkonstrukte, die für jede Form von Anwendungsentwicklung im SAP-Umfeld unverzichtbar sind. Dazu gehören die Definition und Verwendung von Datentypen, die Gestaltung von Kontrollfluss und Fehlerbehandlung sowie Techniken zur Modularisierung von Quellcode. Zusammen bilden sie das Fundament, auf dem sowohl prozedurale Routinen als auch moderne, objektorientierte Architekturen aufsetzen. Ein solides Verständnis dieser Basiskonzepte erleichtert nicht nur die Wartung und Erweiterung bestehender Anwendungen, sondern schafft auch die Voraussetzung für performante, upgrade-stabile Entwicklungen in aktuellen S/4HANA- und Cloud-Szenarien.

Datentypen und Variablen

SAP ABAP unterscheidet elementare Typen (INTEGER, DEC, FLOAT, DATE, TIME, STRING, XSTRING), Referenztypen (Daten-, Objekt- und Interface-Referenzen) und komplexe Typen (Strukturen, interne Tabellen). Die zentrale Metadatenbank Data Dictionary erlaubt es, Domänen, Datenelemente und Tabellen einmalig zu definieren und in Programmen wiederzuverwenden.

Variablen werden mit DATA oder TYPES deklariert. Dynamische Konstrukte wie FIELD-SYMBOLS (ähnlich Zeigern) und REF TO-Referenzen ermöglichen eine generische ABAP Programmierung. Seit Release 7.40 bietet die Sprache expression-based syntax: Tabellenausdrücke, Inline-Deklarationen, Zeichenketten-Templates und das Konstruktionselement VALUE reduzieren Boilerplate-Code.

Kontrollstrukturen

SAP ABAP kennt klassische Strukturen wie IF … ELSEIF … ENDIF, CASE, DO … ENDDO und WHILE … ENDWHILE. Besonderheiten ergeben sich durch die enge Integration in Open SQL: SELECT … ENDSELECT liest Datenbankzeilen sequentiell; SELECT … INTO TABLE überträgt ganze Datenmengen direkt in interne Tabellen.

Die neueren Ausdrucksformen COND, SWITCH, Tabellenselektionen (FOR … IN … WHERE) und Filterausdrücke erhöhen Lesbarkeit und Performance. Iterationen können mit LOOP AT oder dem Kurzform-Operator CORRESPONDING über Felder hinweg ausgeführt werden. Zusammen mit den integrierten Debug- und Trace-Werkzeugen lassen sich so schnell performante Routinen erstellen.

Modularisierungstechniken

Die ursprüngliche Modularisierung erfolgte über Formroutinen (PERFORM), die in INCLUDE-Programmen gruppiert sind. Später kamen Funktionsbausteine hinzu, die in Funktionsgruppen kapsuliert sind und eine definierte Schnittstelle besitzen. Seit ABAP Objects stehen Klassen und Methoden im Vordergrund; sie bieten Kapselung, Vererbung und Ereignishandhabung.

Darüber hinaus existieren Enhancement-Techniken zur upgrade-sicheren Erweiterung von Standardcode: Business Add-Ins (BAdI), User-Exits, Customer-Exits und Implicit/Explicit Enhancement Points. Pakete (Packages) strukturieren zusammengehörige Entwicklungsobjekte, was besonders in Multi-Tenant- und Clean-Core-Szenarien relevant ist. ABAP Unit und Test Seams unterstützen testgetriebene Entwicklung; ATC-Checks prüfen statisch auf Syntax-, Performance- und Security-Probleme.

SAP ABAP

Objektorientierte ABAP Programmierung

Die objektorientierte ABAP Programmierung (OOP) erweitert SAP ABAP um Konzepte wie Klassen, Objekte, Vererbung und Interfaces und ermöglicht damit eine klare Kapselung von Daten und Funktionalität. Durch ABAP Objects werden Unternehmensprozesse in wiederverwendbare, wartbare Module strukturiert, während Ereignissteuerung und Polymorphie flexible Abläufe unterstützen. OOP schafft die Grundlage für moderne Architekturen wie das RESTful ABAP Programming Model und erleichtert Unit-Testing, Dependency Injection sowie Clean-Code-Prinzipien, was langfristig zu höherer Codequalität und geringeren Wartungskosten führt.

Klassen und Objekte

Die Einführung von ABAP Objects brachte klassische objektorientierte Konzepte: Klassen werden mittels CLASS … DEFINITION und CLASS … IMPLEMENTATION beschrieben. Eigenschaften unterscheiden öffentliche, geschützte und private Komponenten. Instanzen werden mit CREATE OBJECT erzeugt, können Ereignisse (RAISE EVENT) auslösen und verfügen über Konstruktoren (METHODS constructor).

Statische Klassenattribute ermöglichen Singletons (z. B. globale Puffer), während das Konzept Friends den gezielten Zugriff auf eigentlich geschützte Elemente gestattet. Moderne Sprachfeatures wie Messmethoden (METHODS … FOR TESTING) binden Unit-Tests direkt an die Klasse; ABAP-Annotations können Klassen mit Metadaten für RAP, OData oder UI-Frameworks anreichern.

ABAP in der Praxis

Im praktischen Entwicklungsalltag zeigt sich die Stärke von SAP ABAP vor allem in seiner tiefen Integration in die SAP-Plattform: Von der klassischen Workbench über die Eclipse-basierten ABAP Development Tools bis hin zu automatisierten DevOps-Pipelines steht eine durchgängige Werkzeugkette bereit, in der Quelltext, Metadaten, Transport­logik und Laufzeitumgebung nahtlos zusammenwirken. Diese Umgebung ermöglicht es, Geschäftsprozesse effizient zu modellieren, zu testen und produktiv zu setzen, während integrierte Debug-, Trace- und Performance-Analysefunktionen eine enge Rückkopplung zwischen Entwicklung und Betrieb sicherstellen.

ABAP in der Praxis

ABAP Workbench

Die klassische Entwicklungsumgebung ist die ABAP Workbench. Sie vereint Quelltext-Editor, Data Dictionary, Debugger, Performance-Trace, Transportorganisation und Repository-Browser in einer einzigen Transaktion.

Mit ABAP Development Tools (ADT) steht seit NetWeaver 7.5 eine Eclipse-basierte Alternative zur Verfügung. IntelliSense, Refactorings, Quick-Fixes, Live-Unit-Test-Ausführung und Git-Integration bringen modernen Komfort in die ABAP-Welt. Projekte werden als ABAP Packages gemappt, Transportanforderungen lassen sich direkt erstellen, und Plug-ins für Continuous Integration (CBS, gCTS, Pipeline as Code) schließen den Kreis zur DevOps-Automatisierung.

Transaktionen und Reports

Eine Transaktion in ABAP ist ein vierstelliger Code, der ein Programm (Dialog, Report, Parameter-Transaktion) unter einem eindeutigen Schlüssel startet. Transaktionen definieren zugleich Berechtigungsobjekte und Sperrlogik. Listenreports (Report Type 1) erzeugen sequentielle Ausgaben im klassischen SAP-Listviewer (ALV Grid oder ALV Tree). Interaktive Reports nutzen Ereignisse wie AT LINE-SELECTION, um Drilldowns zu ermöglichen. Online-Dialoge basieren auf Dynpro-Technologie: Masken (Screens), Module-Pools und GUI-Status definieren zusammen die Benutzeroberfläche.

RAP-basierte Anwendungen werden deklarativ modelliert: aus CDS-Datenmodellen, Behavior-Definitions und Service-Bindings entstehen OData-Endpunkte, Fiori Elements-Oberflächen und Transaktionslogik, die sämtliche Konsistenzprüfungen serverseitig ausführt.

FAQ: Häufige Fragen zu SAP ABAP

ABAP-Entwickler:innen für die ABAP Programmierung wird man, indem man sich zunächst fundierte Grundlagen in Informatik oder Wirtschaftsinformatik – etwa über ein Studium, eine Fachinformatik-Ausbildung oder ein Trainee-Programm bei einem SAP-Partner – aneignet und anschließend konsequent Praxiserfahrung sammelt. Diese entsteht am schnellsten in einer Sandbox oder der kostenfreien ABAP-Developer-Edition auf der SAP Business Technology Platform, wo man mit den ABAP Development Tools in Eclipse reale S/4HANA-Szenarien für die ABAP Programmierung nachstellen kann.

Ja. Alle SAP-ERP-Kernprodukte basieren weiterhin auf SAP ABAP und selbst die Public-Cloud-Edition von S/4HANA erlaubt die ABAP Programmierung von Erweiterungen in ABAP Cloud (Steampunk). Die Roadmap sieht jährliche Sprach- und Framework-Innovationen vor. Trends wie Clean Core, Side-by-Side-Architekturen und Domain-Driven Design stärken die Rolle von SAP ABAP als integrierte, aber entkoppelte Backend-Schicht. Durch die Verfügbarkeit auf der BTP können Entwickler:innen zusätzlich Cloud-Services, KI-Bibliotheken und API-Management anbinden, ohne die Sprache wechseln zu müssen.

Mit SAP ABAP realisiert man zum Beispiel transaktionale Kernlogik in Finanz-, Logistik- und Personalprozessen, erstellt interaktive ALV-Reports und analytische CDS-Views, entwickelt Integrations­schnittstellen via BAPI, OData, IDoc oder Event Mesh, automatisiert Massendaten- und Hintergrund­jobs, steuert Formular- und Output­management, generiert Migrationstools für Daten­importe, übernimmt Monitoring- und Fehlerlogik und implementiert RESTful Backend-Services sowie RAP-Actions für Fiori- und mobile Apps.