Auswirkungen der FiDA-Verordnung auf die Versicherungsbranche
Warum mit dem 'Framework for Financial Data Access' (FiDA) weitreichende Anforderungen auf die Branche zukommen, wie sich Versicherungsunternehmen und Makler auf FiDA vorbereiten können und woran es bei der Umsetzung hapern könnte? Eine Einschätzung.
Vorbereitung auf die Herausforderungen und Chancen der FiDA-Verordnung
Wer kennt den Begriff des „Datenschatzes“ nicht? Für Versicherungsunternehmen waren Daten schon immer ein wertvolles Gut. Bisher waren die Branchenplayer eher zurückhaltend, wenn es um das Teilen von Daten ging. Das könnte sich mit FiDA ändern: Die FiDA-Verordnung ist ein Schritt hin zu einem offeneren, standardisierten Datenaustausch – für Versicherer Chance und Herausforderung zugleich.
Definition:: Was ist FiDA?
‚Framework for Financial Data Access‘ (FiDA) setzt neue Standards, um den Zugang zu und die Nutzung von Finanzdaten zu vereinfachen. Im Rahmen dieser Verordnung legt FiDA fest,
- wer Zugang zu den Daten hat,
- welche Art von Daten abrufbar sein sollen
- und wie Daten geteilt werden können.
Ziel von FiDA ist es, einen Open Finance-Raum in der EU zu schaffen. Das heißt konkret: Sie setzen Kundenzentrierung, Offenheit, und Standardisierung in den Fokus, um gezielt Innovationen zu fördern und den Marktteilnehmern – kleinen Startups wie großen Versicherungen – gleiche Zugangsmöglichkeiten zu den Daten zu ermöglichen.
National hat sich im Jahr 2020 mit der FRIDA-Initiative bereits eine Branchengruppierung etabliert, die darauf abzielt, offene Standards im digitalen Versicherungswesen zu fördern und so auch an Grundsteinen für die Open Insurance mitzuwirken. Trotz aller Bemühungen gibt es bis heute – abseits von BiPRO und GDV – kaum übergreifende Standards für Schnittstellen in der Versicherungsbranche. Was ändert sich also durch FiDA? FiDA setzt den ersten größeren regulatorischen Rahmen für Open Finance in der Versicherungsbranche, schafft Standards für die entsprechenden APIs und mehr Transparenz.
Nicht alle Versicherungssparten betroffen
FiDA verpflichtet Finanzinstitute, einschließlich Banken, Versicherungen, Vermittler und Fondsgesellschaften, ab einer Größe von 250 Mitarbeitenden oder eines Umsatzes von 50 Mio. als Dateninhaber ihre Kundendaten Dritten zur Verfügung stellen. Die Verordnung greift auch beim Firmenkundengeschäft. Ausgenommen sind hingegen Versicherungsprodukte im Krankenversicherungsbereich und ein Teil des Lebensgeschäfts – hier ist der Gesetzgeber im Rahmen der DSGVO-Umsetzung in Bezug auf Gesundheitsdaten noch zurückhaltend.
Der Weg der FiDA-Verordnung
Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, müssen sich Versicherer ab 2025 auf eine intensive Vorbereitungsphase einstellen.
Der Kommissionsentwurf aus 2023 wird voraussichtlich Anfang/Mitte 2025 verabschiedet. Anschließend startet eine ambitionierte Findungs- und Umsetzungsphase: Mit Beschluss in den EU-Gremien haben Versicherer 18 Monate Zeit, um sich einem oder mehreren Finanzdaten-Austauschsystemen (Financial Data Sharing Scheme) anzuschließen. Dieser offene Zusammenschluss aus einer Vielzahl an beteiligten Akteuren bspw. auch Verbraucherverbänden und Vereinen wie BiPRO hat u. a. zur Aufgabe, aus den verschiedenen Schemes eine standardisierte Branchenlösung zu entwickeln, die den EU-Vorgaben entspricht. Weitere sechs Monate später muss der Standard ausgerollt werden – sprich: die Schnittstelle muss bis dahin umgesetzt und bereitgestellt sein. Wichtige Vorarbeiten wurden seitens EIOPA und EBA bereits diskutiert und mit PSD2 ein Vorbild im Banking Sektor etabliert. Dennoch fehlen heute noch einige wichtige Definitionen im Entwurf, wodurch der Zeitplan ambitioniert wirkt.
Damit mag es auf den ersten Blick so scheinen, als wäre FiDA noch Zukunftsmusik. Dabei sollten Versicherer die FiDA-Umsetzung nicht auf die lange Bank schieben, sondern schon heute aktiv angehen. Denn: Als Dateninhaber kommen auf sie einige Pflichten zu.
FiDA: Pflichtprogramm UND Erfolgsstrategie?
Die Einführung von FiDA kann für Versicherer Vorteile mit sich bringen: Bisher sind Finanzdaten und Kundenhistorien üblicherweise auf einzelne Systeme verteilt. Werden diese Daten zusammengeführt, erhalten Versicherer selbst einen vollumfänglichen Einblick in den Kunden und können dessen Kundenerfahrung individueller gestalten.
Mit FiDA haben Versicherer ebenso die Möglichkeit, ihre eigenen Daten einfacher mit externen Ressourcen und Systemen zusammenzuführen. So können Versicherungsunternehmen mit geeigneten Partnern ein Daten-Ökosystem schaffen und auf dessen Basis:
- ihre Betriebsabläufe effizienter aufsetzen, (z. B. Betrugsmanagement und Schadenbearbeitung)
- innovative Produkte und Dienstleistungen zugeschnitten auf Bedürfnisse und Risikoprofile der Kunden anbieten und Versicherungsprodukte nahtlos in Finanzdienstleistungen integrieren
- neue Geschäftsfelder erschließen.
Versicherungsunternehmen sollen für die Bereitstellung der eigenen Kundendaten und der damit verbundenen Aufwände eine Aufwandsentschädigung verlangen. Unklar ist noch, wie die Vergütungsmodelle aussehen werden. Die EU fordert, dass die Vergütungsmodelle „kostendeckend“ und „marktkonform“ sein sollen. Ebenso soll die Möglichkeit bestehen, bei “Premium-APIs” eigene Vergütungsmodelle zu entwickeln, was eine neue Einnahmequelle darstellen kann.
Clark, incogni oder Finanzguru, – um ein paar Beispiele zu nennen – konnten damals die Öffnung des Bankensektors für ihr Geschäftsmodell nutzen. Ähnliche Entwicklungen sind durch die Einführung von FiDA denkbar. Versicherer können sich hier als Kooperationspartner positionieren. Voraussetzung dabei ist, dass die Datenschutzbestimmungen eingehalten werden, Transparenz über die Daten gewährleistet ist und Kundinnen und Kunden die Kontrolle über ihre Daten haben.
Herausforderungen und Handlungsempfehlung
Wie die FiDA-Umsetzung angehen?
Gerne bieten wir Ihnen als Vorstudie ein Innovationsaudit an, welches Ihre derzeitigen Möglichkeiten genauer beleuchtet und Handlungsempfehlungen ausspricht. Darüber hinaus unterstützen wir Sie gerne rund um das Thema Data Warehouse Management und synchrone Datenbereitstellung.
Neugierig geworden? Kontaktieren Sie uns gerne, um die ersten gemeinsamen Schritte zu besprechen.
Fazit:: Frühzeitige Anpassungen an FiDA stärken Marktposition und Kundenvertrauen
Die große Unklarheit über die konkrete Ausgestaltung der Schnittstellen erschwert zwar die Planung, dennoch ist es für Versicherungen empfehlenswert, sich schon jetzt mit den erforderlichen Anpassungen und Prozessveränderungen auseinanderzusetzen. Wer als First-Mover aktiv wird, hat die Chance, langfristig seine Marktposition und das Vertrauen der Kunden zu stärken. Dazu sollten Versicherer
- schon jetzt eine Strategie festlegen, welche Geschäftsziele sie mit FiDA unterstützen wollen,
- eine Umsetzungs-Roadmap aufsetzen
- die technische Infrastruktur überprüfen und sich frühzeitig auf die synchrone Bereitstellung der Daten einstellen
- und eigene Firmenanforderungen in die Scheme-Planungen einfließen lassen.
Autor
Tony Eggert ist Senior Manager bei Convista und verantwortet den Themenbereich FiDA. Seit mehr als zehn Jahren ist er als Projektleiter im Finance und IT-Umfeld tätig und konzipiert die Einführung und Weiterentwicklung von IT-Kernsystemen. Als Teil der Arbeitsgruppe Open Insurance unterstützt er den Ausbau der innovativen Bestrebungen der Branche. Ein Treffen auf ausgewiesenen Messen bzw. Buchungen für Fachvorträge ist möglich. Lassen Sie uns gerne ins Gespräch kommen.
Ihr Ansprechpartner
Tony Eggert