Warum kennen manche Menschen ihr Geburtsdatum nicht – und was haben Aktuare damit zu tun?

Ein Beitrag über Zahlendreher, Geburtsdaten und finanzielle Risiken

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Fachartikel, Versicherungswirtschaft

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Aktuariat Geburtsdatum in der Lebensversicherung

Ob klassische Kapitallebensversicherung, Risikolebensversicherung, Riester- oder Rürup-Rente, Pensionskasse oder Betriebsrente – irgendeine Form der Altersvorsorge oder Absicherung hat fast jeder in Deutschland abgeschlossen. Dabei gehören einige Angaben zum Pflichtprogramm: vollständiger Name, Geschlecht und das Geburtsdatum.

Letzteres ist klar und unveränderlich. Und doch kommt es gar nicht so selten vor, dass genau hier ein Fehler passiert: Manchmal scheint es fast so, als ob Menschen ihr eigenes Geburtsdatum nicht kennen. Welche Folgen das für Lebensversicherer haben kann und was damit Aktuare zu tun haben, lesen Sie in diesem Beitrag.

Wie kann man sein eigenes Geburtsdatum falsch angeben?

Die Gründe für falsche Angaben beim Geburtsdatum sind vielfältig – und teilweise ein echtes Mysterium:

  • Zahlendreher beim Eintragen – aus dem 01.08. wird flugs der 08.01.
  • Versicherungsbeginn = Geburtsdatum? – Formular nur schnell überflogen und schon hat sich der Fehler eingeschlichen.
  • das Datum eines Familienmitglieds
  • Tagesdatum beim Ausfüllen eingetragen – das Formular war halt so freundlich vorausgefüllt.
  • Ein kreativer Makler oder einfach ein Flüchtigkeitsfehler

Warum das Geburtsdatum in der Lebensversicherung eine wichtige Rolle spielt

Ein kleiner Zahlendreher – kann doch nicht so schlimm sein, oder? Leider doch. Denn für Lebensversicherer ist das Geburtsdatum mehr als ein Eintrag im System. Es ist die Grundlage für:

  • die Beitragskalkulation, abhängig vom Eintrittsalter, Tarif, Versicherungsdauer und Rentenbeginn.
  • die Auswahl der Sterbewahrscheinlichkeiten, abgeleitet aus Sterbetafeln (z. B. DAV-Tafeln), die je nach Alter unterschiedlich sind.
  • die Festlegung der Versicherungssumme bei festen Beiträgen – oder umgekehrt.

Wird hier das falsche Alter angesetzt, ist schnell die gesamte Kalkulation Makulatur. Zwar wird bei vielen Verträgen ohnehin die Ganzjahresmethode genutzt – ein 01.08. statt 08.01. ist in solchen Fällen meist irrelevant. Aber wenn das Geburtsjahr nicht stimmt …

Aktuariat Geburtsdatum in der Lebensversicherung

Falsche Geburtsdaten – was kann passieren?

Ein falsches Geburtsjahr wirkt sich auf die versicherungsmathematischen Berechnungen aus. Die Sterbewahrscheinlichkeit ist falsch berechnet und basierend darauf:

  • Wird bei Versicherungen, die eine auf einen bestimmten Ausgabetermin festgelegte Versicherungssumme hat, die Beitragshöhe falsch ermittelt: zu hoch oder zu niedrig.
  • Oder bei festvereinbarten Beiträgen ist die Höhe der Versicherungssumme zum Auszahlungszeitpunkt falsch kalkuliert
  • Oder bei Versicherungen, die zum Renteneintritt berechnet werden, der Rentenbeginn falsch hinterlegt und damit verbunden ein falscher Beitrag bzw. falsche Versicherungssumme

Das kann sowohl für den Versicherten als auch für den Versicherer zum Vor- oder Nachteil werden.

Wann fällt der Fehler überhaupt auf?

Meistens zu spät. Wenn die Stunde der Wahrheit (oder der Rentenbeginn) naht: Also genau dann, wenn Geld fließen soll.

  • Bei Rentenbeginn: Der Kunde wartet vergeblich auf die erste Zahlung, denn laut System darf er noch ein paar Jahre arbeiten.
  • Bei (verfrühter) Auszahlung: Der Versicherer schreibt den vermeintlich baldigen Rentner an und verlangt eine Geburtsurkunde, um die Auszahlung zu tätigen – und die Verwunderung ist groß.
  • Oder der Kunde selbst merkt es beim Blick in die jährliche Standmitteilung

Und wie kommen nun die Aktuare ins Spiel?

Liegt bei der Berechnung aufgrund eines falschen Geburtsdatums ein Fehler vor, ist der Aktuar/ die Aktuarin gefragt und muss …

  • … die Vertragsdaten prüfen: Wann wurde der Fehler gemacht? Welche Rechnungsgrundlagen wurden genutzt?
  • … den gesamten Vertrag von Vertragsbeginn an neu berechnen: Beiträge, Versicherungssumme oder Rentenbeginn müssen ggf. rückwirkend neu kalkuliert werden.
  • … und vor allem eine Korrekturentscheidung treffen: Wird der Vertrag angepasst, rückabgewickelt oder schlicht – zu Gunsten des Kunden – hingenommen? Meist wird so eine Entscheidung individuell pro Fall unter Abwägung des finanziellen Risikos getroffen.

Es ist ein bisschen wie Detektivarbeit mit mathematischem Feinschliff und leider mit viel Arbeits- und Zeitaufwand verbunden.

Was Sie als Lebensversicherer tun können, damit das Problem gar nicht erst entsteht – oder möglichst früh entdeckt wird?

Möglich wäre, dass Sie die jährliche Standmitteilung nutzen und an die Kundin/den Kunden appellieren, seine Vertragsdaten nochmal auf Korrektheit zu prüfen. Ebenfalls eine Möglichkeit wäre, bei digitalen Anträgen ein Pop up mit “bitte prüfen Sie nochmal Ihr Geburtsdatum” einbauen.

Fazit:: Geburtsdatum? Besser zweimal hinschauen

Falsche Geburtsdaten in Lebensversicherungen sind ein erstaunlich häufiges, ein wenig skurriles und doch relevantes Thema. Für Kundinnen und Kunden kann es zu unangenehmen Überraschungen führen – für Versicherer zu Mehraufwand und (im schlimmsten Fall) zu finanziellen Risiken.

Autorin : Stephanie Restetzki

Seit ihrem Studium der angewandten Mathematik blickt Stephanie Restetzki auf eine über 30- jährige Erfahrung in der Lebensversicherung, speziell Pensionskasse zurück. Sie hat sowohl auf fachlicher als auch auf IT-Seite im aktuariellen Umfeld mehrere Migrationen von Lebensversicherungsbeständen begleitet.

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Stephanie Restetzki

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