Vertriebsstrategie entwickeln: Der richtige Mix ist das Geheimnis

Was Vertriebsstrategie mit Kochkunst zu tun hat und auf welche Zutaten es wirklich ankommt, damit es am Ende ein Festmahl gibt

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Fachartikel, Versicherungswirtschaft, Vertrieb & Provision

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Portrait von Dr. Moritz Finkelnburg - Experte für Vertriebsstrategie

Wachstum? Dafür ist der Vertrieb verantwortlich!”

Ein Zitat, das man in Führungskreisen von Versicherern leider häufiger hört, als man denkt. Es bringt ein zentrales Dilemma auf den Punkt: Vertriebserfolg ist ein Gericht, das nur gemeinsam gekocht werden kann. Und bei dem die Zutaten über das Gesamtergebnis entscheiden.

  • Die Köche und Köchinnen? Das sind – natürlich – zunächst die Vertriebsverantwortlichen. Darüber hinaus aber die Fachbereiche, Schadenabteilungen, IT und einige mehr. Wirken alle abgestimmt zusammen, gibt es ein kulinarisches Fest. Gibt es Silodenken, kocht jede:r „seine eigene Suppe“, und stimmen die Zutaten nicht, wird es kritisch.
  • Die Zutaten? Bei der Vertriebsstrategie sind dies vor allem leistungsfähige, gut aufgestellte Vertriebskanäle, die ihre Stärken entfalten – und dann richtig miteinander gemischt werden.
  • Die gute Nachricht: Ein schmackhaftes „Vertriebsstrategie-Menü“ lässt sich schon mit vier Schritten erfolgreich zubereiten:

#01 – Sind die Vertriebskanäle leistungsfähig aufgestellt?

Jeder Vertriebskanal hat seine Besonderheiten. Diese zu kombinieren und klug miteinander zu verbinden, ist das Herzstück einer Vertriebsstrategie. Das funktioniert allerdings nur, wenn die einzelnen Vertriebswege ihre „klassischen“ Wesensmerkmale auch gut zur Geltung bringen.

Mit einem Wort: Wenn sie das tun, was sie tun sollen. Die Ausschließlichkeit ist hoch profitabel, aber schwach im Wachstum und bewegt sich stark im Privatkundenbereich. Der Makler:innenvertrieb ist dafür der Wachstumsmotor, hat den Schwerpunkt gerne im gewerblichen Segment – aber hat schwache Margen. Ähnlich werden Banken- oder Direktvertriebe zugemischt.

Was passiert aber, wenn diese Logik nicht funktioniert, weil ein Rädchen falsch eingestellt ist? Ertragsprobleme bei der AO, die Makler:innen sind unzufrieden und wachsen nicht, und der Direktkanal hat unendliche Stornoquoten … wenn die Zutaten schlecht sind, um in unserem Beispiel zu bleiben.

Dann ist der erste Schritt einer Vertriebsstrategie: Analysieren – Korrigieren – Reparieren – neu aufstellen!

Hat die Ausschließlichkeit ein durchgängiges, motivierendes Agenturentwicklungsmodell vom Einsteiger bis zur Großagentur? Ist das Provisionssystem einfach, selbsterklärend und attraktiv? Wie wird Nachwuchs akquiriert und ausgebildet? Sind Führungs- und Betreuungsstrukturen klar und durchgängig?

Bei den Makler:innen stellt sich die Frage nach einer sauberen Clusterung, kluger Betreuungsstruktur, einem effizienten Maklerservicecenter, persönlichen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern sowie schnellen Entscheidungen – begleitet von modernen, leistungsstarken Produkten.

Das sind die „Hausaufgaben“, die vor Ihnen liegen, wenn die Grundstruktur noch nicht da ist, wo Sie hinwollen.

#02 – Die richtige Mischung festlegen

Der nächste Schritt ist fast logisch: Die Vertriebskanäle sind jetzt gut aufgestellt. Die Zutaten stimmen. Jetzt können Sie planen. Wie viel Wachstum wollen Sie denn von der Ausschließlichkeit, was von den Makler:innen und anderen Vertriebswegen? Wie konfigurieren Sie – analog – die gesamtstrategisch gewünschten Erträge? Wie sieht die Kostenseite aus? Was fehlt?

Automatisch werden Sie merken, ob die Mischung so perfekt ist oder noch eine Zutat oder ein Gewürz fehlt. Brauchen Sie noch mehr Wachstum, werden Sie über Initiativen, neue Kanäle oder Sparten grübeln. Fehlt Ertrag, rücken Sanierungsansätze oder Rückzug aus einzelnen Segmenten in den Blick – oder natürlich die Kosten- und IT-Seite.

Jeder Kanal bringt eigene Stärken, Zielgruppen und Anforderungen mit – und muss deshalb strategisch differenziert behandelt werden. Mischen Sie die Zutaten klug, so wie Sie sie brauchen.

Video: Was zeichnet eine erfolgreiche Vertriebsstrategie aus?

Unser Experte Dr. Moritz Finkelnburg klärt auf.

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#03 – Die Verzahnung mit Sparten, Schaden und IT

Die besten Zutaten nützen nichts, wenn sie nicht aufeinander abgestimmt sind und harmonisieren. Das gilt für die Sparten (von der Produktqualität bis zum Underwriting und dem Service) bis zum Schaden und zur IT. Die Sparten brauchen für den Makler:innenvertrieb exzellente Firmenprodukte, aber kein Multiline. Die könnten aber – besonders bei Privatprodukten – für die Ausschließlichkeit spannend sein.

Eine Schadenabteilung, die sich auf die einzelnen Vertriebswege und ihre Besonderheiten einstellt, wird überraschende Effekte erzielen und Begeisterung wecken. Das gilt von der Organisation über die Regulierenden bis zum Serviceverständnis. Ebenso im Hinblick auf die IT: Eine integrierte Systemlandschaft ohne Brüche und mit glatten, automatisierten und KI-unterstützten Prozessen verschafft Ihren Vertriebswegen unschlagbare Wettbewerbsvorteile.

Haben Sie einmal geprüft, ob man die Zutaten für Ihr kulinarisches Kunstwerk auch ganz anders zusammensetzen kann – indem Sie Vertriebswege mit den Sparten und passenden Schadenabteilungen kombinieren? Um Brüche zu vermeiden und Ergebnisse „aus einem Guss“ zu erreichen?

Sie ahnen, dass die Verzahnung ihre besonderen Tücken – aber auch Chancen – bietet. Nutzen Sie sie!

#04 – Die Umsetzung & Kommunikation

Unser Lieblingsthema: Das Essen ist fertig – aber es wird lieblos serviert, ist kalt oder versalzen. Und niemand sagt den Gästen, dass das Essen fertig ist. Kurzum: Niemand hat klug und ernsthaft über die Umsetzung und ihre Tücken nachgedacht. Eine Strategie bleibt wirkungslos, wenn hier Fehler gemacht wurden.

Umsetzung heißt: Klare Benennung der erforderlichen Maßnahmen für jeden Vertriebsweg. Kosten und Ressourcen. Verantwortlichkeiten. Zeitplan. Controlling auf wöchentlicher Basis. Und natürlich: Berücksichtigung des Nadelöhrs IT. Alle Maßnahmen werden hieran scheitern, wenn man diesen Aspekt nicht einplant. Dabei ist es gar nicht so schwer.

Kommunikation rundet die Umsetzung ab. Gefährlich, wenn man sie vernachlässigt – motivierend, wenn man klug darüber nachdenkt, Stakeholder:innen beteiligt, Widerstände abbaut und Hintergründe erklärt. Eine proaktive Kommunikation oder ein gutes Change-Management sind ebenso wichtig wie ein faktenbasierter Umsetzungsplan.

Das Ziel: Ein aus sich ergänzenden, wunderbar zusammenspielenden Zutaten gezaubertes „Vertriebs-Menü“, das eine Geschmacksexplosion hervorruft – und die Gästen begeistert. Das Rezept haben Sie gerade bekommen.

Vertriebsstrategie entwickeln: : Wie gelingt das Schritt für Schritt?

Und wie die eben genannten Erfolgsfaktoren nun konkret in der Praxis umsetzen? Eine gute Vertriebsstrategie entsteht nicht am grünen Tisch, sondern aus einer fundierten Analyse und klaren Umsetzungsschritten. Die folgenden sechs Schritte helfen Versicherungsunternehmen dabei, ihre Vertriebsstrategie systematisch zu entwickeln und in die Praxis zu bringen:

Der erste Schritt beim Entwickeln einer Vertriebsstrategie ist die präzise Zielgruppenanalyse. Versicherer müssen verstehen, welche Kundensegmente im Fokus stehen – von jungen Familien über Selbstständige bis hin zu Firmenkunden oder spezifischen Nischenmärkten.

Fragen, die helfen:

  • Wer sind unsere wertvollsten Kund:innen – heute und in Zukunft?
  • Welche Bedürfnisse, Erwartungen und Entscheidungswege haben sie?
  • Welche Kommunikationskanäle nutzen sie bevorzugt?

Je genauer das Bild der Zielgruppe ist, desto gezielter lassen sich Vertriebsaktivitäten und Botschaften ausrichten.

Im nächsten Schritt geht es darum, das Marktumfeld und den Wettbewerb zu analysieren. Welche Trends, Technologien und Kundenerwartungen prägen den Versicherungsvertrieb? Wie agieren Wettbewerber – und wo liegen unsere Chancen zur Differenzierung?

Zentrale Fragen:

  • Welche Produkte und Leistungen bieten Wettbewerber an?
  • Welche Vertriebskanäle nutzen sie erfolgreich?
  • Wo bestehen Lücken im Markt, die wir besetzen können?

Ein strukturierter Marktüberblick hilft, die eigene Position zu schärfen und Chancen frühzeitig zu erkennen.

Eine Strategie braucht klare Ziele. Diese sollten nicht nur ambitioniert, sondern auch messbar und erreichbar sein. Neben klassischen Umsatzkennzahlen sollten auch qualitative Ziele definiert werden – etwa zur Kundenzufriedenheit oder zur Ausschöpfung bestimmter Zielgruppen.

Mögliche Zielgrößen:

  • Abschlussquote oder Cross-Selling-Quote
  • Neukundengewinnung in bestimmten Segmenten
  • Erhöhung der digitalen Abschlussrate

Klare Ziele helfen, den Fokus zu halten – und ermöglichen ein systematisches Controlling. Binden Sie IT- und Vertriebsteam spätestens jetzt ein.

Es ist bereits angeklungen: Versicherer verfügen heute über eine Vielzahl an Vertriebskanälen – persönliche Beratung, Ausschließlichkeitsorganisation, Makler:innen, Bancassurance, Direktvertrieb, Onlineportale oder hybride Modelle.

Wichtig ist:

  • Kanalübergreifend zu denken: Kunden bewegen sich kanalunabhängig. Strategien müssen vernetzt geplant werden.
  • Die Stärken der einzelnen Kanäle zu nutzen: Jeder Kanal hat andere Vorteile – z. B. Vertrauen und Nähe in der AO, Reichweite und Convenience im Onlinevertrieb.
  • Kanalpriorisierung: Nicht alle Kanäle müssen gleich stark ausgebaut werden. Fokussierung schafft Klarheit.

Die Auswahl und Kombination der richtigen Kanäle ist ein zentraler Erfolgsfaktor im Vertriebsstrategiemix.

Strategie ohne Umsetzung ist nur Wunschdenken. Deshalb gilt es im nächsten Schritt, konkrete Maßnahmen zu definieren – von Trainings über Digitalisierung bis hin zu Anreizsystemen.

Typische Maßnahmen:

  • Weiterentwicklung der CRM-Systeme und Vertriebsprozesse
  • Einführung neuer Tools für hybride Beratung
  • Schulungen zur Kundenzentrierung oder zum digitalen Abschluss
  • Anpassung von Vergütungssystemen an strategische Ziele

Wichtig: Ressourcen – personell, technisch, finanziell – müssen frühzeitig eingeplant werden.

Eine Vertriebsstrategie zu entwickeln, ist das eine – ihre konsequente Umsetzung und Steuerung das andere. Es braucht klare Verantwortlichkeiten, regelmäßige Reviews und eine konsequente Zielverfolgung.

Empfehlungen:

  • Einrichtung eines Vertriebsstrategie-Boards
  • Regelmäßiges Monitoring anhand definierter KPIs
  • Feedbackschleifen mit dem Vertrieb (z. B. über Vertriebsdialoge oder Umfragen)
  • Iterative Anpassung der Maßnahmen an die sich verändernden Marktbedingungen, um auf Kurs zu bleiben

So wird aus Strategie kein einmaliges Event, sondern ein kontinuierlicher Prozess mit echtem Mehrwert.

FAQ & Definitionen : Fragen & Definitionen rund um das Thema Vertriebsstrategie

Eine Vertriebsstrategie beschreibt den mittel- bis langfristigen Plan eines Unternehmens, wie es seine Produkte oder Dienstleistungen gezielt an definierte Zielgruppen verkaufen möchte. Sie bildet das strategische Fundament für alle Vertriebsaktivitäten und stellt sicher, dass diese zielgerichtet, effizient und kundenorientiert erfolgen.

Im Unterschied zum Vertriebskonzept, das eher die operative Ausgestaltung (z.  B. konkrete Maßnahmen, Tools oder Verkaufskanäle) umfasst, liegt der Fokus der Vertriebsstrategie auf der Ausrichtung: Welche Kundensegmente wollen wir erreichen? Mit welchem Leistungsversprechen? Über welche Kanäle? Und mit welchen Mitteln?

Eine wirkungsvolle Vertriebsstrategie vereint:

  • Strategische Ebene: Marktpositionierung, Zielkunden, Wettbewerbsvorteile
  • Taktisch-operative Ebene: Vertriebsorganisation, Steuerungssysteme, Prozesse und Technologien

Wer eine nachhaltige Vertriebsstrategie entwickeln möchte, muss also sowohl das große Ganze verstehen als auch die Übersetzung in die tägliche Vertriebsarbeit sicherstellen.

Gerade in der Versicherungsbranche ist der Vertrieb oft komplex – mit mehreren Kanälen, einer Vielzahl an Produkten und sich wandelnden Kundenerwartungen. Ohne eine klare Strategie besteht die Gefahr, dass Ressourcen verpuffen, Potenziale ungenutzt bleiben oder der Vertrieb am Kunden vorbei agiert.

Eine gut entwickelte Vertriebsstrategie ist deshalb entscheidend, um:

  • Umsatzpotenziale gezielt zu heben
  • Vertriebskosten zu senken durch Effizienz und klare Priorisierung
  • Kundengewinnung und -bindung zu verbessern, da Angebote und Ansprache passgenauer erfolgen
  • Mitarbeitende im Vertrieb zu befähigen, weil Klarheit über Ziele, Zielgruppen und Vorgehen besteht

Kurz gesagt: Wer eine Vertriebsstrategie entwickeln möchte, schafft damit die Grundlage für eine fokussierte, messbare und nachhaltige Vertriebsarbeit – mit echtem Einfluss auf den Unternehmenserfolg.

Über den Autor

Moritz Finkelnburg
Managing Partner, Convista

Der ehemalige BGV-Vorstand und Akademische Direktor der Goethe Business School Frankfurt, Dr. Moritz Finkelnburg, baut als Managing Partner die Strategieberatung bei Convista aus. Hierfür nutzt er seine über 25-jährige operative Versicherungserfahrung vor allem in den Bereichen Vertrieb (AO, Makler, Direkt), Komposit (SHUK) und der digitalen Transformation.

Dr. Moritz Finkelnburg Convista

Ihr Ansprechpartner

Dr. Moritz Finkelnburg

Strategieberatung für Versicherungen

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