Mahnprozess in der Versicherung: Einen automatisierten Prozess implementieren
Führt ein Versicherer ein neues Bestandsführungssystem ein, muss üblicherweise auch ein Mahnverfahren für säumige Beiträge implementiert werden. Idealerweise sollte dieser Mahnprozess vollautomatisch, d.h. gänzlich ohne menschliche Eingriffe, ablaufen. Anhand eines konkreten Beispielprozesses und mittels des Bestandsführungssystems ReSy zeigen wir, wie dies gelingen kann.
Ein typischer Mahnprozess
Wir betrachten einen typischen Mahnprozess für Verträge mit Lastschrifteinzug und ratierlichen Beiträgen. Dieser soll folgende Grundanforderungen erfüllen
- Mahnung und Umstellung des Vertrags auf Selbstzahlung nach Eingang eines Lastschrift-Rückläufers
- Beendigung des Mahnprozesses bei nachfolgendem Beitragseingang durch Selbstzahlung binnen einer definierten Frist
- Vertragsstorno wegen anhaltender Nichtzahlung des Beitrags nach Ablauf dieser Frist und Nichteingang einer Beitragszahlung
- Wiederherstellung des Vertrags bei ggfs. doch noch eingehender Beitragszahlung binnen einer weiteren Frist
Versand von Dunkelbriefen
Eine wesentliche Voraussetzung für die Automatisierung des obigen Mahnprozesses ist die Konfiguration von zugehörigen Briefen in einem angebundenen Briefschreibungssystem und die Anbindung dieses Briefschreibungssystems an das Bestandsführungssystem, damit dieses auf Basis seiner Daten Dunkelbriefe maschinell erzeugen und versenden lassen kann. Im Falle des Bestandsführungssystems ReSy und des Briefschreibungssystems Document Center ist diese Anbindung bereits im Produktstandard enthalten.
Automatisierung des Zahlungsverkehrs
Eine weitere wesentliche Voraussetzung für die Automatisierung des obigen Mahnprozesses ist die vorherige Automatisierung des zugehörigen Zahlungsverkehrs. Im Falle des Bestandsführungssystems ReSy kann diese durch ein entsprechendes Customizing der ReSy-internen Zahlungsverkehrskomponente leicht erfüllt werden.
Die Zahlungsverkehrskomponente besitzt die Fähigkeit für andere ReSy-Komponenten (wie Bestandsführung oder Leistung) SEPA XML-Dateien mit ausgehenden Zahlungen/Überweisungen oder Lastschrifteinzügen zu erzeugen und an die Bank zu senden. Sie kann ferner CAMT Dateien (Kontoauszüge) von der Bank einlesen und die fachliche Verarbeitung von darin enthaltenen Geldeingängen, Zahlungsrückläufern und Lastschriftrückläufern durch andere Komponenten anstoßen.
Die Unterstützung anderer Dateiformate per kundenspezifischem Customizing ist ebenfalls möglich.
Betrachten wir beispielhaft die maschinelle Verarbeitung eines Lastschrift-Rückläufers durch das Bestandsführungssystem ReSy:
- Ermittlung des zugehörigen, zuvor erfolgten Lastschrift-Einzugs aus ReSy auf Basis der SEPA End-To-End ID aus dem importierten Kontoauszug
- Ermittlung des zugehörigen Vertrags und der betroffenen Beitragsmonate (ein Lastschrift-Einzug kann auch kumuliert für mehrere Beitragsmonate erfolgt sein)
- Erneute Buchung der Sollstellungen für die ermittelten Beitragsmonate im ReSy-Nebenbuch
- Buchung von anfallenden Gebühren seitens der Bank für den Lastschrift-Rückläufer
- Aktualisierung des von ReSy zum Vertrag verwalteten SEPA-Mandats (u.a. auf den Status RETOURE)
- Umstellung des Vertrags auf die Inkasso-Art Selbstzahler
Der Mahnprozess im Detail
Nach einer vom Vertriebspartner des Vertrags abhängigen Frist nach der fachlichen Verarbeitung eines Lastschrift-Rückläufers wird der ReSy-Mahnbatch auf diesen Vertrag aufmerksam und führt folgende Aktionen aus:
- Versetzung des betroffenen Vertrags in Mahnung (Mahnung am, Mahnung Betrag, etc.)
- Erstellung und dunkler Direktversand eines Mahnbriefes über die Druckversandstraße (der Inhalt des Briefs differenziert dabei üblicherweise zwischen Erstbeitrag und Folgebeitrag und nennt Bankverbindung und Verwendungszweck für die Überweisung des gemahnten Betrags)
Etwaig durch den vorherigen Lastschrift-Rückläufer angefallene Gebühren seitens der Bank werden nicht dem Mahnbetrag zugeschlagen, da es sich um kleine Bagatellbeträge handelt (obwohl dies natürlich grundsätzlich auch möglich wäre).
Sofern nun binnen einer weiteren vom Vertriebspartner des Vertrags abhängigen Frist nach der obigen Mahnung ein Geldeingang in Höhe von mindestens einem Monatsbeitrag zum betroffenen Vertrag eingeht, beendet ReSy den Mahnprozess und führt dabei folgende Schritt aus
- Mahnstatus des Vertrags löschen
- Inkassoart des Vertrags auf Lastschrift zurücksetzen
- SEPA-Mandat zum Vertrag auf den Status GÜLTIG zurücksetzen
Mit dem nächsten regulären Lauf des Lastschrift-Batches werden daraufhin
- die Differenz aus gemahntem Betrag und Betrag des Geldeingangs
- alle weiteren mittlerweile fälligen Monatsbeiträge
kumuliert eingezogen. Sofern dies zu einem erneuten Lastschrift-Rückläufer führt, startet der Mahnprozess wie oben beschrieben neu.
Sofern der Kunde bei seiner Überweisung den im Mahnschreiben genannten Verwendungszweck (einigermaßen) korrekt angibt, erfolgt die Verarbeitung des obigen Geldeingangs dunkel per Import eines Kontoauszugs durch die Zahlungsverkehrskomponente von ReSy. Ansonsten muss ein Mitarbeiter des Rechnungswesens die fachliche Geldeingangsverarbeitung (nach Klärung des Sachverhalts) manuell anstoßen.
Natürlich ist in Ausnahmefällen auch die manuelle Löschung des Mahnstatus (inklusive der Rücksetzung von Inkassoart des Vertrags und Status des SEPA-Mandats) gänzlich ohne einen zugehörigen Geldeingang möglich.
Läuft die zweite vom Vertriebspartner des Vertrags abhängige Frist ab, ohne dass der Mahnstatus des Vertrags zwischenzeitlich wieder gelöscht wird, wird der ReSy-Mahnbatch erneut auf diesen Vertrag aufmerksam und führt folgende Aktionen aus:
Rücktritt vom Vertrag wegen Nichtzahlung Erstprämie oder Kündigung des Vertrags wegen Nichtzahlung der Folgeprämie
Versand eines zugehörigen Dunkelbriefs über die Druckversandstraße mit Angebot zur Wiederherstellung des Vertrags bei Doch-Noch-Zahlung binnen einer dritten vom Vertriebspartner des Vertrags abhängigen Frist
Sofern innerhalb einer dritten vom Vertriebspartner des Vertrags abhängigen Frist (nach Stornierung eines Vertrags wegen anhaltender Nichtzahlung) doch noch eine Beitragszahlung in Höhe von mindestens einem Monatsbeitrag eingeht, setzt das Bestandsführungssystem den Vertrag maschinell wieder in Kraft und verarbeitet anschließend den Beitragseingang so, als wäre er noch vor der Stornierung des Vertrags eingegangen.
ReSy setzt also auch nach einer solchen Wiederinkraftsetzung des Vertrags dessen Inkassoart auf Lastschrifteinzug zurück und zieht anschließend alle danach immer noch offenen Monatsbeiträge mit dem nächsten regulären Lauf des Lastschrift-Batches erneut ein. Sofern dieser Einzug zu einem erneuten Lastschrift-Rückläufer führt, startet der Mahnprozess wie oben beschrieben neu.
Anmerkungen zur Inkassoart Selbstzahler
Die Umstellung des Vertrags auf die Inkassoart Selbstzahler im Rahmen des dargestellten Mahnprozesses erhöht die Komplexität der fachlichen Verarbeitung von Geldeingängen erheblich, da der Kunde versehentlich (oder auch ganz bewusst) einen beliebigen Betrag überweisen kann.
Bei Eingang eines unstimmigen Betrags werden in einem ersten Schritt möglichst viele offene Monatsbeiträge mit dem Geldeingang ausgeglichen, und zwar frühere Beitragsmonate vor späteren Beitragsmonaten. Schwieriger wird es dann mit dem noch verbleibenden Restbetrag. Es müssen zwei Fälle unterschieden werden:
Fall 1: Es liegt eine Überzahlung vor, d.h. es gibt keine weiteren offenen Monatsbeiträge. Dann bestehen grundsätzlich folgende Optionen
- Bereitstellung der Überzahlung für eine zukünftige fachliche Verarbeitung (sofern künftig weitere Beitragssollstellungen für die verbleibende Laufzeit des Vertrags zu erwarten sind)
- Vereinnahmung (sofern die Überzahlung unterhalb eines Bagatellbetrags liegt)
- Rückzahlung der Überzahlung an den Kunden bzw. Beitragszahler
Fall 2: Es gibt weitere offene Monatsbeiträge, aber der verbleibende Restbetrag ist zu klein für einen vollständigen Ausgleich eines weiteren noch offenen Monatsbeitrags.
Dann bestehen ebenfalls mehrere Optionen, von denen ein Teilausgleich des ältesten noch offenen Monatsbeitrags die naheliegendste ist.
Die korrekte Buchung eines solchen Teilausgleichs im Nebenbuch kann allerdings ausgesprochen anspruchsvoll sein, insbesondere bei Verträgen mit mehreren Deckungen und unterschiedlichen Risikoträgern. In solchen Fällen muss eine klare Regelung definiert werden, wie der zu buchende Restbetrag auf die Deckungen und Risikoträger aufgeteilt werden soll.
Bei einer anteiligen Aufteilung analog zu derjenigen bei vollen Monatsbeiträgen können gebrochene Cent-Beträge pro Deckung/Risikoträger entstehen, die auf volle Cent gerundet und bei einem späteren Vollausgleich berücksichtigt werden müssen. Einfachere Lösungen übervorteilen hingegen immer zwingend einzelne Deckungen und/oder einzelne Risikoträger.
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Autoren
Dr. Claus Ziegler ist verantwortlich für die versicherungsfachliche Funktionalität des Bestandsführungssystems ReSy der Convista. Mit seinen über 30 Jahren Berufserfahrung detailliert und konsolidiert er die fachlichen Anforderungen der ReSy-Bestandskunden und berät das ReSy-Entwicklungsteam beim technischen Design von zugehörigen Lösungen.